Das Erbgericht (Gut Nr. 4)

Das Erbgericht gehört zu den 15 Gründungsgütern von Falkenau. Die ältesten schriftlichen Quellen für die Besitzverhältnisse des Gutes sind die Gerichtsbücher des Amtes Augustusburg, die bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückgehen.


ID: --

Objekt-ID (LfD): --

Ortslisten-Nr.: 15

Flurbuch-Nr.: 66 (1938)


Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war das Erbgericht das Bauerngut, an welches das Dorfrichteramt und die dörfliche Polizeigewalt gebunden war. Auf seinem Grund und Boden haftete die erbliche Gerichtsbarkeit eines Dorfes. Es war damit der Sitz desjenigen Mitglieds der Gemeinschaft, das dem Dorfgericht vorstand und dieses Amt an seine Nachkommen weitergeben konnte, ohne dass der eigentliche Inhaber der Gerichtsbarkeit, also der Grundherr -- im Falle von Falkenau der Herr des Schellenberges --, Einfluss auf die Besetzung der Stelle nehmen konnte.

Dem Erbrichter (auch Schultheiß)

H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 69; siehe auch "Erbgericht", in: Pierer's Universal-Lexikon 5 (Altenburg 1858) S. 813 und "Schultheiß", in: Meyers Großes Konversations-Lexikon 18 (Leipzig 1909) S. 72.

oblag die Verwaltung der Dorfgemeinde, er zog Abgaben und Steuern ein, durfte Handwerker halten und Mühlen

In Falkenau "Als „Mühle des Erbrichter“ und als „Erbmühle“ finden wir sie [Gut 8: Die sogenannte "Göthelsche Mühle", Anm. d. A.] sowohl in den Kirchenbüchern als auch in den Erbkaufbüchern verzeichnet", siehe H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 134.

betreiben. Außerdem wurden im Erbgericht Geburten und Todesmeldungen registriert, das Hochzeitsgeld bezahlt, Feiern abgehalten und Losbriefe

Urkunde der persönlichen Entlassung aus einem Herrschaftsverhältnis, insb. aus der Leibeigenschaft, auch Freibrief oder Laßbrief genannt, siehe "Laßbrief", in: Pierer's Universal-Lexikon 10 (Altenburg 1860) S. 139.

beantragt. Häufig waren mit dem Erbrichteramt auch das Schankrecht und das Braurecht verbunden. Im Falkenauer Erbgericht traf dies nur auf das Schankrecht und das Recht zum Beherbergen von Fremden zu, Bier durfte nicht gebraut werden und mußte aus Oederan oder Schellenberg bezogen werden.

H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 126.

Erst mit der Einführung der Landgemeindeordnung 1839, die die Trennung von Justiz und Verwaltung vorsah, verloren die Erbrichter diese Rechte und wurden ihrer Pflichten enthoben. Die Aufgaben des Erbrichters erfüllten danach der Gemeindevorstand mit dem Gemeinderat. 1924 wurde aus dem Gemeindevorstand der Bürgermeister.

Das Amt des Erbrichters kam häufig in den Besitz des Lokators

H. Seifert nennt ihn "Obmann", siehe H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 69.

und seiner Nachkommen, also der Person(en), die zu Zeiten des "Hochmittelalterlichen Landesausbaus" Siedler für die Erschließung neuer Gebiete östlich der Elbe-Saale-Linie anwarben und den Aufbau der zu entstehenden Ortsanlage und die Urbarmachung derselben leitete. Grundlage für diese Arbeit war der Lokationsvertrag zwischen Grundherr und Lokator, der allerdings für Falkenau nicht überliefert ist. Es gab auch Fälle, wo Dörfer ohne vorherige Erlaubnis an Lokatoren zur Urbarmachung ausgesetzt wurden oder in denen Siedler auf eigene Faust loszogen.

Ausdehnung der Ländereien des Falkenauer Erbgerichts: 1,5 Hufen = 0,75 Hufen Stammgut (Gut 4) + 0,75 Hufen Beigut (Gut 3)

Chronik und Liste der Besitzer bzw. Pächter

20. Jahrhundert

Ab 1970

Sperrung wegen Baufälligkeit, später Abriss.

Ab 1952

Der Saal des Gasthofes wird für den Sportunterricht der Schule genutzt.

1945

Walter Rau.

1938

Rudolf Berger.

1929

Fürchtegott Rud. Berger.

1900

Gut Nr. 5 - Das Schenkengut - wird unter Carl Richard Berger in den Besitz des Erbgerichts integriert.

19. Jahrhundert

1899

Carl Richard Berger.

1897

Theodor Willibald Gey und Carl Richard Berger.

1894

Am 18. Februar wurde versucht, im Erbgericht zwei Schweine zu stehlen. Das Hohensteiner Tageblatt vom 6. März 1894, Nr. 53, auf S. 2 berichtete darüber das Folgende:

 

"Ein frecher Diebstahl wurde dieser Tage im Lehngerichtsgute zu Falkenau versucht. Diebe hatten es unternommen, daselbst zwei fette Schweine zu stehlen und waren in ihrem Vorhaben bereits so weit gediehen, daß sie beide Thiere betäubt und auch das eine derselben schon ins Freie geschafft hatten, als sie plötzlich gestört wurden. Die Diebe entflohen infolgedessen und ließen ihre bereits sicher geglaubte Beute im Stich."

1893

Arno Eugenius Gey.

1892

Fürchtegott Wold. Gey und Arno Eugenius Gey.

1878

Stallgebäude und zwei Scheunen des Erbgerichtes brennen ab.

1860

Gottl. Fürchtegott Gey.

1856

Ludwig Hermann Linke.

1839 bis 1844

Sitz der Gemeindeverwaltung.

1836

Der Erbrichter [Carl Clemens] Wirth verkauft "die 'Befugnis des Bier- und Branntwei[n]schankes, zum Gäste setzen und zum Musik- und Tanzhalten sowie alle in den vollen Gasthofsgerechtigkeiten' inbegriffenen Rechte auf seinen Gutsnachbar [Karl Gottlieb] Richter" (Seifert 1938, 103, 127), dem Besitzer von Gut 5 (Schenkengut).

1832

Carl Wilhelm Clemens Wirth.

1824

Christian Friedrich Wirth.

1806

Christian Gottlob Rudolph und dessen Erben.

1803

Johann Gottfried Rudolph.

18. Jahrhundert

1790

Dorethea Elisabeth Weichold, geb. Bergerin.

1778

Christian Friedrich Weichold.

1741

Christian Weichold jr.

1713

Christian Weichold.

1700

Die Befreiung von der Steuer wird für die Güter des Erbgerichts vom Kurfürsten Friedrich August I. (= August der Starke) bestätigt:

 

„Friedrich August, König und Churfürst pp. pp.

Lieber getreuer! Was gestalt vier Hufen unter den dir anvertrauten Ambte, als

1 1/4 Hufe zu Falkenau des Richters und
eines Canzleylehngutes
pp. pp.

vermöge derer Erbbücher ganz dienstfrei, jedoch aus versehen, von vorigen Zeiten her mit unter die Anzahl derer Hufen gezogen worden, und was du sonsten angeführt und uns anheim gestellt, haben wir uns nach dem vom 17. August unlängst eingereichten allerunterthänigsten Bericht mit mehreren vernommen.
So ist unser Befehl hierdurch, du wolltes diese 8 Gulden (also die zu Unrecht erhobenen, Seifert 1938, 104) Hufengelder nunmehr kraft dieses gehörigen Ortes gänzlich ab- und passierlich verschreiben, welches die zur Resolution zu vermelden gewesen, und geschieht daran unsere Meynung.

23. November 1700.

Curth Heinrich v. Einsiedel.
Johann Gabriel Lotter.“

17. Jahrhundert

1692

Im Sommer geht ein Gewitter über Falkenau nieder und Blitzschlag verursacht einen Brand im Erbgericht. Die Kirchenbücher verzeichnen dieses Ereignis mit den folgenden Worten:

 

„Am 26. Juni 1692 war ein grausam und erschrecklich Donner Wetter, dass aber schlug ein im Erbgericht zu Falkenau, zündte (es) an und brannte das ganze Gebäude ab, bis auf die Scheune.“

1690

Hannz Weigold.

1683

Christian Weigold.

1672

Johann Wolfgang Rösch.

1668

Andreas Rösch.

1660

Christoph Weigold.

1655

Nach dem Tod von Abraham Kluge "beschwert sich demgemäß 'die ganze Gemeinde'" erfolglos bei offizieller Stelle gegen die Steuerfreiheiten der Erbgerichtsgüter (Seifert 1938, 104).

1649

Katharina Brunin und ihr Ehemann Abraham Kluge kaufen im April Gut Nr. 3 und fügen es dem Besitz des Erbgerichtes hinzu. Auch "die Mühle in 'Oberfalkenau' hat um 1649 kürzere Zeit als Bestandteil des Erbgerichts" gegolten (Seifert 1938, 103).

 

Im selben Jahr ergeht im Zusammenhang der Befreiung von der Steuer eine Verfügung des Kurfürsten von Sachsen Johann Georg I., die folgendermaßen lautet:

„Wir haben auf Herrn bestellten Hauptmann Abraham Kluges Eheweib demütigstes Supplico und dem daraus eingereichten unterthänigsten Bericht u.s.w. aus gnade bewilligt, dass ihr zu Falkenaw vor zweyen (gemeint ist 1 Beigut und das Mühlengut, Seifert 1938, 104) ihrer von Kauffs Beygüthlein, gleich dem Richtergut von den Bau-, Hoff-, Holz- und anderen Fuhren samt der handdiensten hierdurch gänzlich befreyt sein soll. Was aber die Huffengelder, Steuern, Zinsgetreyde und andere Gefälle betrifft, die müssen ein weg als den anderen verrechnet und abgetragen werden.
Begehre deshalb, hiermit befehlend, du wolltest Supplicantin also bescheiden und es Unser dir anbefohlenes Ambt Registro, auch auf Begehren ein beglaubigten Schein darüber erteilen.

Freiberg, den 21. September 1649.

Johann George Churf.

An die Amtsschaften
zu Augustusburg"

1647

Katharina Kluge, geb. Brunin und ein paar Jahre später Anne Marie Kluge (verw.), geb. Pufendörfer.

Ab 1635

Abraham Kluge, Hauptmann einer Truppe kurfürstlicher Dragoner im Dreißigjährigen Krieg.

1602

Adam Richter.

16. Jahrhundert

1587

Von den Ländereien des Erbgericht[beigute]s, die damals George Richter gehören, und den Gütern des Michael Becker werden je ein Grundstück „zu einem kurfürstlichen Hüttenbau“ für 100 bzw. 200 Gulden erworben. Zur Schmelzhütte gehören auch ein Wehr, ein Wassergraben, ein Kohlehaus, ein Huthaus und das Wohnhaus des Hüttenmeisters. Hüttenmeister ist ab 1601 bis zu seinem Tod Heinrich Abraham von Einsiedel d. J.

1569

Christoph Richter und dessen Erben.

(1568)

Erben des Nickel Richter.

(1551)

Nickel Richter.

(1542)

Christoph Richter.

Fußnoten

  1. H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 69; siehe auch "Erbgericht", in: Pierer's Universal-Lexikon 5 (Altenburg 1858) S. 813 und "Schultheiß", in: Meyers Großes Konversations-Lexikon 18 (Leipzig 1909) S. 72.
  2. H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 126.
  3. H. Seifert nennt ihn "Obmann", siehe H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 69.
  4. In Falkenau "Als „Mühle des Erbrichter“ und als „Erbmühle“ finden wir sie [Gut 8: Die sogenannte "Göthelsche Mühle", Anm. d. A.] sowohl in den Kirchenbüchern als auch in den Erbkaufbüchern verzeichnet", siehe H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 134.
  5. Urkunde der persönlichen Entlassung aus einem Herrschaftsverhältnis, insb. aus der Leibeigenschaft, auch Freibrief oder Laßbrief genannt, siehe "Laßbrief", in: Pierer's Universal-Lexikon 10 (Altenburg 1860) S. 139.

Literatur

H. Hänsch, 625 Jahre Falkenau. Beiträge zur Geschichte (Falkenau i. Sa. 2002) passim.
H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) passim.