Die Kurfürstliche Jagd . . . oder wie Kurfürst August auf die Augustusburg kam

Nach einem Artikel des Oederaner Chronisten G. D. Staberoh im Oederaner Wochenblatt, veröffentlicht im Jahre 1844:

"Der große Kurfürst August befand sich im Jahre 1557 in den Forsten bei Oederan und Schellenberg auf der Jagd, denn dreimal dicker waren um diese Zeit noch die Waldungen bei Oederan als dermalen.

Das Freigut bei der Stadt, dann das Hetzdorfer Lehngericht, sowie das L e h n g u t in F a l k e n a u (gemeint ist das Erblehngericht), welche alle drei viel Freiheit genossen, waren stets die Jagdquartiere dieses Kurfürsten, wo auch sein Bruder Moritz und dessen Vorfahr Friedrich der Großmütige

Nicht ganz klar, wen Staberoh hier genau meint, ob Johann Friedrich I. von Sachsen, auch Friedrich der Großmütige genannt (* 30. Juni 1503 in Torgau; † 3. März 1554 in Weimar), Moritz' Vetter zweiten Grades? Von ihm ist sein Übergewicht und sein Hang zum Alkohol überliefert, wie es auch in der Erzählung von Staberoh geschildert wird. Der Ausdruck "Vorfahr" dürfte dann im übertragenen Sinne gemeint sein und vielleicht auf den Wechsel der Kurfürstenwürde anspielen.

auf ihren Jagden gar oft hier einkehrten, wo unter anderen der letztere auf dem Lehngut sich derart betrunken hatte, was ihm oft passierte -, dass man ihn in einem sehr bedenklichen Zustand nach dem nahen Schellenberge zu dem Schösser

Bezeichnung des Steuereintreibers im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Ihm oblag auch die Führung des Steuerregisters (= Schossregister). Siehe „schosser, m.“, in: J. Grimm/W. Grimm, Deutsches Wörterbuch 15 (1897) Sp. 1600, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, abgerufen am 18.05.2024.

dort auf einen Wagen bringen ließ, um dort mit den nötigen Mitteln ihm beizuspringen. Aus den damals grundlosen, schlechten Wegen dahin zerbrach der Wagen und 10 starke Männer (Jagdtreiber aus dem Gefolge) waren kaum hinreichend, den großen wohlgenährten Landesvater vollends an jenen Ort zu bringen, wo indessen und zwar durch einen neuen Rausch das Gleichgewicht seiner guten Natur wieder hergestellt wurde. Die Schösser in Schellenberg machten damals große Häuser und beherbergten gemeiniglich ihre jagdlustigen Fürsten.

Um 1557, als Kurfürst August hier jagte, lag die ansehnliche Schösserwohnung noch in Trümmer. (Sie war am 24. April 1547 durch Blitz zerstört, der Schösser war vom Blitz erschlagen).

"Allein im Jahre 1547 den 27. April, war der unglückliche Tag, an welchem dasselbe [das Schloß Schellenberg, Anm. d. A.] durch einen heftigen Blitzstrahl, es war gegen Abend, über die Hälfte eingeäschert wurde. Der Blitz, tötete den damaligen Amtsschösser, Franz Vorriegel, sein Weib aber wurde halb gelähmt und verlor das Gehör. Ersterer wurde in der frühern, 1831 abgebrannten Stadtkirche, nicht weit vom Altare, in die Erde eingesenkt.", J. G. Harnisch, Chronik über Schellenberg-Augustusburg (Schellenberg 1860) S. 16 und 293; siehe auch E. W. Ziehnert, 14. Der Hofnarr zu Augustusburg, in: Sachsens Volkssagen. Balladen, Romanzen und Legenden 2 (Annaberg 1839) S. 127.



In der einstweiligen Wohnung nun hatte Kurfürst August an dem obengenannten Tage übernachtet. Er mochte nicht zum besten bewirtet worden sein, so wie vielleicht Tage vorher in den genannten Wirtshäusern und saß außerhalb seines Nachtquartiers auf einer umgestürzten Säule Trümmer des ruinierten Schlosses, das aber nicht auf dem Platz der nachmaligen Augustusburg, sondern viel weiter nordwestlicher am Abhang des Berges stand. Sinnend zirkelte hier der Kurfürst mit seinem Hirschfänger im Sand. Es waren die Umrisse zu seiner Augustusburg, die er bei seiner Rückkehr nach Dresden im Abriss seinem Baumeister vorlegte und auch sogleich zum Bau der jetzigen Augustusburg Anstalt traf, denn er musste ein Jagdschloss haben hier in diesen damals wildreichen Forsten, die weit hinauf nach Böhmen und dessen Grenze sich erstreckten und fast 200 Jahre nach ihm noch viele Tausend Stück Schwarz- und Rotwild, sogar Bären und Wölfe beherbergten.

In 4 Jahren war die Burg vollendet. August betrieb und ordnete diesen Bau selber, er reiste anfangs allemal durch Oederan, wenn er seine Burg besuchte. Der abscheuliche Weg dahin ließ ihn bald einen anderen suchen. Von Freiberg aus wurde über Brand, Langenau, Reichenbach, den Oederaner Tännicht bis nach Hohenfichte ein Weg ausgehauen, der über einen Kamm der dortigen Gegend fortlief, ohne die Defileen

Engpässe, an dem sich militärische Marschformationen zu einer „Schlange“ (frz. file) reihen müssen, um passieren zu können, z. B. eine Schlucht, ein Hohlweg, eine Brücke, aber auch die engen Straßen einer Ortschaft. Nach Passieren des Engpasses löst sich die "Schlange" wieder auf (Dé-filé), siehe "Defilé", in: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon 1 (Leipzig 1837) S. 521-522.

zu passieren und der Fürstenweg genannt wurde, wie er noch heute heißt und besteht.“

 

Fußnoten

  1. Nicht ganz klar, wen Staberoh hier genau meint, ob Johann Friedrich I. von Sachsen, auch Friedrich der Großmütige genannt, Moritz' Vetter zweiten Grades? Von ihm ist sein Übergewicht und sein Hang zum Alkohol überliefert, wie es auch in der Erzählung von Staberoh geschildert wird. Der Ausdruck "Vorfahr" dürfte dann im übertragenen Sinne gemeint sein und vielleicht auf den Wechsel der Kurfürstenwürde anspielen.

  2. Bezeichnung des Steuereintreibers im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Ihm oblag auch die Führung des Steuerregisters (= Schossregister). Siehe „schosser, m.“, in: J. Grimm/W. Grimm, Deutsches Wörterbuch 15 (1897) Sp. 1600, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, abgerufen am 18.05.2024.

  3. "Allein im Jahre 1547 den 27. April, war der unglückliche Tag, an welchem dasselbe [das Schloß Schellenberg, Anm. d. A.] durch einen heftigen Blitzstrahl, es war gegen Abend, über die Hälfte eingeäschert wurde. Der Blitz, tötete den damaligen Amtsschösser, Franz Vorriegel, sein Weib aber wurde halb gelähmt und verlor das Gehör. Ersterer wurde in der frühern, 1831 abgebrannten Stadtkirche, nicht weit vom Altare, in die Erde eingesenkt.", J. G. Harnisch, Chronik über Schellenberg-Augustusburg (Schellenberg 1860) S. 16 und 293; siehe auch E. W. Ziehnert, 14. Der Hofnarr zu Augustusburg, in: Sachsens Volkssagen. Balladen, Romanzen und Legenden 2 (Annaberg 1839) S. 127.

  4. Engpässe, an dem sich militärische Marschformationen zu einer „Schlange“ (frz. file) reihen müssen, um passieren zu können, z. B. eine Schlucht, ein Hohlweg, eine Brücke, aber auch die engen Straßen einer Ortschaft. Nach Passieren des Engpasses löst sich die "Schlange" wieder auf (Dé-filé), siehe "Defilé", in: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon 1 (Leipzig 1837) S. 521-522.

 

Literatur

H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 104-105.