Die Kurfürstliche Wasserpartie

Die bei H. Seifert in der Ortschronik von 1938 wiedergegebene Posse dürfte ins Reich der Legenden gehören und wird hier durch zusätzliche Informationen in den Fußnoten ergänzt wiedergegeben:

Am 30. August 1581 kam Kurfürst August,

* 31. Juli 1526 in Freiberg; † 11. Februar 1586 in Dresden. Seifert 1938, S. 198, spricht hier von "Friedrich August".

der Erbauer der Augustusburg, mit seinen zwei Söhnen Magnus

Der Sohn Magnus wurde 1555 geboren, starb aber bereits drei Jahre später.

und Christian

Der spätere Kurfürst von Sachsen, Christian I. (* 29. Oktober 1560 in Dresden; † 25. September 1591 ebd.).

und seinen Gästen, dem Markgrafen Joachim von Brandenburg

1581 war Johann Georg von Brandenburg Markgraf von Brandenburg (siehe Fn. 5). Daher ist unklar, wen Seifert hier meint: Der Markgraf von Brandenburg Joachim II. „Hector“ (* 13. Januar 1505 in Cölln; † 3. Januar 1571 in Köpenick), der älteste Sohn von Joachim I. Nestor und Elisabeth von Dänemark, Norwegen und Schweden, war zum angeblichen Zeitpunkt der Wasserfahrt bereits knapp zehn Jahre tot. Auch von seinen drei Schwestern, Anna, Elisabeth und Magareta, war 1581 keine mehr am Leben.
Möglicherweise meinte er auch Joachim von Brandenburg (* 23. April 1583greg. in Halle; † 20. Juni 1600greg. in Dresden), der Sohn des Kurfürsten Joachim Friedrich und der Kurfürstin Katharina von Brandenburg-Küstrin. 1581 lebte von ihm eine Schwester, Anna Katharina (1575–1612), die spätere Ehefrau von König Christian IV. von Dänemark und Norwegen (1577–1648).

nebst dessen Schwester und dem Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg

* 11. September 1525 in Cölln; † 18. Januar 1598greg. ebd. Er war der Sohn von Joachim II. „Hector“ und dessen erster Ehefrau Magdalene von Sachsen.

nebst Gemahlin und zwei Töchtern,

Seine Gemahlin war Sabina von Brandenburg-Ansbach (* 12. Mai 1529 in Ansbach; † 2. November 1575 in Berlin), die 1548 mit Johann Georg von Brandenburg verheiratet wurde und zum Zeitpunkt der Wasserpartie ebenfalls bereits das Zeitliche gesegnet hatte. Die beiden hatten drei Töchter, die das Erwachsenenalter erreichten: Erdmuthe (1561–1623), Anna Maria (1567–1618), und Sophie (1568–1622). Letztere heiratete 1582 in Dresden den Kurfürsten Christian I. von Sachsen.

sowie dem Herzog Wilhelm von Sachsen,

Ob Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Weimar (* 25. April 1562 in Weimar; † 17. Juli 1602greg. ebd.)?

mit vielen Gefolge von Dresden nach Oederan.

Die Reisegesellschaft hatte Augustusburg zum Ziel. Unter dem Gefolge befanden sich auch die zwei Hofnarren, Nickel von der Heide und Froschmaul mit Namen.

Daß Kurfürst August einen Hofnarren besaß, wird in einer reichlich blutrünstigen Ballade bei E. W. Ziehnert, 14. Der Hofnarr zu Augustusburg, in: Sachsens Volkssagen. Balladen, Romanzen und Legenden 2 (Annaberg 1839) S. 127–134 berichtet.



Ein schreckliches Gewitter, das mehrere Tage dauerte, nötigte sämtliche Gäste bis zum 2. September in Oederan zu verbleiben und zu übernachten, da die Flöha und die Zschopau hoch angeschwollen und aus ihren Ufern getreten waren.

Der damalige Stadtälteste Oederans, Baltasar Grüner, dann der Säckelmeister Bäumler und der Sammelwirker Hehle beherbergten und bewirteten die hohen Gäste. Die Gemahlinnen und Töchter der Gäste übernachteten bei der Freifrau von Birkenau auf dem alten Rittersitz in Börnichen.

Zum Rittergut G. A. Poenicke (Hrsg.), Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen 4 (Leipzig 1856) S. 169–171.
Kurfürst Ernst von Sachsen (* 24. März 1441 in Meißen; † 26. August 1486 bei Colditz) und der Herzog Albrecht der Beherzte (* 31. Juli 1443 in Grimma; † 12. September 1500 in Emden) belehnten am 15. April 1465 zu Meissen die Brüder Caspar, Melchior, Ulrich, Hans und Nickel von Rechenberg mit dem Ritttergut. Später - nach der Heirat von Barbara von Maltitz (1451-1499) mit Kaspar von Schönberg (* vor 1440; † 1 Nov 1489, Zwickau begr. Altzella) im Jahre 1478 - wurde es als Leibgedinge von Kaspar an seine Ehefrau Barbara übergeben, befand sich zu dieser Zeit also im Besitz der Familie von Schönberg, siehe A. Fraustadt, Geschichte des Geschlechtes von Schönberg Meissnischen Stammes 1 (Leipzig 1869) S. 244.
Um 1581 war wohl Moritz (der Ältere) von Schönberg (1522-1595) Herr des Rittergutes Börnichen, der mit Katharina Marshall von Bieberstein verheiratet war.
Das Schloß des Rittergutes wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgetragen, der Park existiert heute noch und kann besucht werden (Infos).

Am 2. September nachmittags reisten die genannten Gäste weiter nach Augustusburg zum „Hirschfeiste“.

Da aber die Flöha immer noch hoch angeschwollen war, mussten sämtliche Gäste bei Falkenau übergefahren werden, was nicht ohne Gefahr abging. Vier Oederaner Bürger, die sämtlich in dem Rufe, gute Fährleute und Schwimmer zu sein standen, sollten die Fahrzeuge leiten. Sie aber legten ihrem guten Rufe schlechte Ehre ein. Die vier Fährleute brachten zwar die leichten Prinzessinnen glücklich ans jenseitige Ufer, die geharnischten und mit schwerem Eigengewicht ausgezeichneten Fürsten aber vermochten sie nicht aufs Trockene zu bringen. Das schlecht geführte Fahrzeug schwankte und schöpfte eine beträchtliche Menge Wasser, so dass der gewandte Herzog Wilhelm schon in der Mitte des Flusses, der schwere und wohlbeleibte Kurfürst August aber, fast dem rettenden Ufer nahe, ins Wasser springen und sich schwimmend und mächtig arbeitend an Land retten mussten.

Über den Lohn, den die vier Oederaner Fährleute erhalten haben, ist nichts bekannt. Im Hasensaale der Augustusburg aber wurde diese gefährliche Wasserpartie von dem humorvoll veranlagten Maler Heinrich Götting

* 1531 in Braunschweig; † 28. April 1606 in Dresden. Der Künstler begann Ende Juni 1570 mit Hilfe von Gesellen und weiteren Gehilfen mit der malerischen Ausgestaltung der vier Eckhäuser des Schloßes Augustusburg, eine Aufgabe, die er mit seiner Mannschaft bis November 1572 beendete.

deutlich in einem der vielen Wandbilder dargestellt, denn wir sehen, wie die beiden Narren, bis zur Karikatur entstellt und in komischer Haltung wacker auf die vier Oederaner mit ihren Pritschen losprügeln.

 

Fußnoten

  1. * 31. Juli 1526 in Freiberg; † 11. Februar 1586 in Dresden. Seifert 1938, S. 198, spricht hier von "Friedrich August".

  2. Der Sohn Magnus wurde 1555 geboren, starb aber bereits drei Jahre später.

  3. Der spätere Kurfürst von Sachsen, Christian I.

  4. 1581 war Johann Georg von Brandenburg Markgraf von Brandenburg (siehe Fn. 5). Daher ist unklar, wen Seifert hier meint: Der Markgraf von Brandenburg Joachim II. „Hector“, der älteste Sohn von Joachim I. Nestor und Elisabeth von Dänemark, Norwegen und Schweden, war zum angeblichen Zeitpunkt der Wasserfahrt bereits knapp zehn Jahre tot. Auch von seinen drei Schwestern, Anna, Elisabeth und Magareta, war 1581 keine mehr am Leben.
    Möglicherweise meinte er auch Joachim von Brandenburg, der Sohn des Kurfürsten Joachim Friedrich und der Kurfürstin Katharina von Brandenburg-Küstrin. 1581 lebte von ihm eine Schwester, Anna Katharina, die spätere Ehefrau von König Christian IV. von Dänemark und Norwegen.

  5. * 11. September 1525 in Cölln; † 18. Januar 1598greg. ebd. Er war der Sohn von Joachim II. „Hector“ und dessen erster Ehefrau Magdalene von Sachsen.

  6. Seine Gemahlin war Sabina von Brandenburg-Ansbach, die 1548 mit Johann Georg von Brandenburg verheiratet wurde und zum Zeitpunkt der Wasserpartie ebenfalls bereits das Zeitliche gesegnet hatte. Die beiden hatten drei Töchter, die das Erwachsenenalter erreichten: Erdmuthe, Anna Maria, und Sophie. Letztere heiratete 1582 in Dresden den Kurfürsten Christian I. von Sachsen.

  7. Ob Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Weimar (* 25. April 1562 in Weimar; † 17. Juli 1602greg. ebd.)?

  8. Daß Kurfürst August einen Hofnarren besaß, wird in einer reichlich blutrünstigen Ballade bei E. W. Ziehnert, 14. Der Hofnarr zu Augustusburg, in: Sachsens Volkssagen. Balladen, Romanzen und Legenden 2 (Annaberg 1839) S. 127–134 berichtet.

  9. Zum Rittergut G. A. Poenicke (Hrsg.), Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen 4 (Leipzig 1856) S. 169–171.
    Kurfürst Ernst von Sachsen und der Herzog Albrecht der Beherzte belehnten am 15. April 1465 zu Meissen die Brüder Caspar, Melchior, Ulrich, Hans und Nickel von Rechenberg mit dem Ritttergut. Später - nach der Heirat von Barbara von Maltitz mit Kaspar von Schönberg im Jahre 1478 - wurde es als Leibgedinge von Kaspar an seine Ehefrau Barbara übergeben, befand sich zu dieser Zeit also im Besitz der Familie von Schönberg, siehe A. Fraustadt, Geschichte des Geschlechtes von Schönberg Meissnischen Stammes 1 (Leipzig 1869) S. 244.
    Um 1581 war wohl Moritz (der Ältere) von Schönberg Herr des Rittergutes Börnichen, der mit Katharina Marshall von Bieberstein verheiratet war. Das Schloß des Rittergutes wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgetragen, der Park existiert heute noch und kann besucht werden (Infos).

  10. * 1531 in Braunschweig; † 28. April 1606 in Dresden. Der Künstler begann Ende Juni 1570 mit Hilfe von Gesellen und weiteren Gehilfen mit der malerischen Ausgestaltung der vier Eckhäuser des Schloßes Augustusburg, eine Aufgabe, die er mit seiner Mannschaft bis November 1572 beendete.

 

Literatur

H. Seifert, Die Ortsgeschichte des Dorfes Falkenau in Sachsen (Flöha i. Sa. 1938) S. 198-199.